Besuch des Kulturministers löste in der syrischen Bevölkerung Unmut aus.

Veröffentlicht am 20. April 2025 um 11:42

Unmut in Syrien: Kulturministerbesuch bei Kriegsverbrechern und die Forderung nach Gerechtigkeit

Der Besuch des syrischen Kulturministers bei Personen, die als Kriegsverbrecher gelten, hat in der syrischen Bevölkerung Empörung ausgelöst. Viele Syrer sehen darin ein Zeichen der Missachtung für die Opfer des Bürgerkriegs, der Hunderttausende Tote und Millionen Vertriebene hinterlassen hat. Die Begegnung wird als Versuch interpretiert, die Verantwortung für die Gräueltaten des ehemaligen Assad-Regimes zu umgehen und die Normalisierung von Beziehungen zu Akteuren voranzutreiben, die an Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren. Dieser Schritt hat das Vertrauen in die Übergangsregierung weiter geschwächt, die ohnehin mit der Herausforderung kämpft, Stabilität und Gerechtigkeit in einem zerrütteten Land herzustellen.

Forderungen nach Übergangsjustiz und Rechenschaftspflicht

Die syrische Bevölkerung fordert lautstark Übergangsjustiz, um die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, die Regierung hat angekündigt, eine Liste mit Namen von Ex-Offizieren zu veröffentlichen, die an Folter und Kriegsverbrechen beteiligt waren. Ahmad Al-Sharaa betonte, dass Belohnungen für Informationen über solche Personen ausgesetzt werden, um deren Verhaftung zu ermöglichen. Dennoch bleibt die Umsetzung dieser Versprechen unklar, da viele Syrer befürchten, dass politische Deals und internationale Interessen die Justiz behindern könnten.

Nachsicht der syrischen Regierung

Die Nachsicht der syrischen Übergangsregierung gegenüber Kriegsverbrechern wird von vielen als pragmatische, aber moralisch fragwürdige Strategie angesehen. Einerseits steht die Regierung unter Druck, das Land zu stabilisieren und internationale Unterstützung zu sichern, was die Zusammenarbeit mit ehemaligen Regimeakteuren oder deren Verbündeten erleichtern könnte. Andererseits hat die Regierung bisher keine umfassenden Maßnahmen ergriffen, um Verbrecher des gestürzten Regimes systematisch zu verfolgen. Viele ehemalige Offiziere und Verantwortliche bleiben auf freiem Fuß, was den Eindruck verstärkt, dass die neuen Machthaber entweder nicht willens oder nicht in der Lage sind, Gerechtigkeit durchzusetzen. 

Al-Sharaas Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten

Der Besuch von Präsident Ahmad Al-Sharaa in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat genauso Kontroversen ausgelöst. Die VAE hatten in der Vergangenheit Beziehungen zu Bashar Al-Assad gepflegt und 2018 ihre Botschaft in Damaskus wiedereröffnet, was als Versuch gewertet wurde, Syrien in die Arabische Liga zu reintegrieren. Kritiker werfen den VAE vor, durch ihre Unterstützung Assads indirekt an der Unterdrückung und Tötung von Syrern beteiligt gewesen zu sein. Al-Sharaas Besuch wird als Versuch gesehen, wirtschaftliche und politische Unterstützung von den Golfstaaten zu sichern, um den Wiederaufbau Syriens zu finanzieren. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Forderungen der Bevölkerung nach Rechenschaft und Gerechtigkeit, da solche Besuche als Legitimation von Staaten interpretiert werden, die das Assad-Regime unterstützt haben.

Vorteile des Besuchs der amerikanischen Delegation in Damaskus

Der Besuch einer amerikanischen Delegation in Damaskus im Dezember 2024 wurde als bedeutender Schritt zur Wiederaufnahme diplomatischer Kontakte gewertet. Die USA, die nach dem Sturz Assads begonnen haben, ihre militärische Präsenz in Syrien zu reduzieren, suchen den Dialog mit der Übergangsregierung, um Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Landes zu nehmen. Zu den Vorteilen dieses Besuchs zählen:

Stabilisierung:

Die Gespräche könnten dazu beitragen, einen inklusiven Übergangsprozess zu fördern, der die Interessen verschiedener ethnischer und religiöser Gruppen berücksichtigt.

Sanktionspolitik:

Die syrische Übergangsregierung fordert die Aufhebung der US-Sanktionen, die den Wiederaufbau behindern. Ein Dialog könnte erste Schritte in diese Richtung ermöglichen.

Sicherheitskooperation:

Die USA könnten ihre Unterstützung im Kampf gegen verbleibende Extremistengruppen wie den Islamischen Staat (IS) verstärken, was für die Sicherheit Syriens entscheidend ist.

Erwarteter Besuch des syrischen Außenministers in den USA

Es wird erwartet, dass der syrische Außenminister Asaad Hassan Al-Schibani in naher Zukunft die USA besucht, um die bilateralen Beziehungen zu vertiefen. Nach seinen Reisen nach Saudi-Arabien, Katar, den VAE und Jordanien, bei denen er für wirtschaftliche und politische Kooperation warb, könnte ein Besuch in Washington ein Signal für eine engere Zusammenarbeit mit dem Westen sein. Die syrische Übergangsregierung hofft, durch diesen Besuch die Aufhebung von Sanktionen und Unterstützung für den Wiederaufbau zu erreichen. Gleichzeitig wird erwartet, dass die USA klare Bedingungen stellen, darunter den Schutz von Minderheiten und Fortschritte bei der Übergangsjustiz, um sicherzustellen, dass Syrien nicht in islamistische oder autoritäre Strukturen zurückfällt.

Fazit

Die syrische Übergangsregierung steht vor einem Dilemma: Einerseits muss sie internationale Unterstützung sichern, um das Land wieder aufzubauen, andererseits wächst der Druck der Bevölkerung, Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Besuche wie die von Shara in den VAE oder die des Kulturministers bei umstrittenen Akteuren verstärken den Unmut und das Misstrauen. Der Dialog mit westlichen Staaten, wie durch den Besuch der US-Delegation in Damaskus, bietet Chancen für Stabilität und Wiederaufbau, erfordert jedoch klare Verpflichtungen zu Gerechtigkeit und Inklusion. Der erwartete Besuch des syrischen Außenministers in den USA könnte ein Wendepunkt sein, wenn er mit konkreten Fortschritten bei der Übergangsjustiz einhergeht. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Übergangsregierung die Balance zwischen pragmatischer Diplomatie und den Forderungen nach Gerechtigkeit finden kann.

 

Yazan Haidar 

 

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